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Im heuer zum
17. Mal stattfindenden Internationalen Seminar für Körperorientierte
Psychotherapie, Körpertherapie und Körperkunst geht
es vor allem um das Haptische, das Taktile, also die Sinnesqualität
des Fühlens und Spürens.
„Ich fühle also bin
ich“
hören wir Antonio Damasio.
Ich spüre, also begreife?
Ich berühre
Es berührt
Ich greife und begreife
Übergänge
eine Veränderung
Von hier nach da
Von da nach dort
Das Begriffene geht über in einen Begriff
Gleichzeitig
ein langsamer Übergang
oder ein schneller ?
ein plötzlicher Übergang? Trennung? Chaos?
Begreifen und berühren hat mit Ästhetik zu tun,
mit Fragen der Aisthesis im ursprünglichen Sinn, als
Empfindung und gegenstandsbezogene Wahrnehmung.
„Die Wahrnehmung im Sinne der aisthetischen Empfindung
hat einen hedonistischen, subjektiven, lust- und gefühlsbetonten
Charakter. Als gegenstandsbezogene Wahrnehmung hat ,aisthesis‘
eher einen erkenntnishaften Charakter“, so Isabelle
Frohne-Hagemann in „Fenster zur Musiktherapie“.
Das ästhetisch Empfundene und Wahrgenommene haftet den
Gegenständen nicht an, es entwickelt sich erst in der
Beziehung zum Subjekt.
begreifen
berühren
Übergänge?
Vom Begreifen zum Begriff?
Vom Berühren zur Rührung?
Zum Gerührtsein? Berührtwerden?
Vom Haptischen zum Kognitiven?
Sind wir also als mit allen Sinnen wahr-nehmende Subjekte
in die Welt gebeutelt?
Begreifen wir? Lassen wir uns berühren?
begreifen. berühren. Übergänge
Wir spielen. Mit Worten. Mit Berührungen. Mit Begriffen.
Mit der Sprache.
Und ohne Sprache.
Das Seminar als Schnittfeld. Die Tagung als Ort des intersdisziplinären
Austausches, als Zusammentreffen von Wissenschaft und Kunst,
Körper und Therapie, Sprache und Nichtsprache.
Über den Tastsinn, also die haptische Sinnesqualität,
die aus den taktilen, so wie Schmerz- Berührungs- und
Temperaturempfindungen gleichermaßen besteht, mit seinen
Tastkörperchen, Verschaltungen und Bahnungen und der
dann dazugehörigen Wahr-Nehmung im Gehirn, über
das Spüren, das Berühren, das Er- und Begreifen
machen wir unsere ersten Erfahrungen mit der Welt.
Schon im Mutterleib spürt das noch Ungeborene, sammelt
Eindrücke, speichert Erfahrungen im Leib- Gedächtnis.
Die Entwicklung unseres Gehirns, ein lebenslanger Weg, ein
lebenslanges Verändern, Neugestalten, Neuprogrammieren.
Unser Geist, über den derzeit wieder heftig diskutiert
wird, ob er das Gehirn ist, wie auch Felix Tretter und Christine
Grünhut in ihrem Buch „Grundfragen der Neurophilosophie“
thematisieren, versucht zu begreifen. Geisteswissenschaften
und Naturwissenschaften im ewigen Diskurs, und auch Goethes
Faust hört:
„Du gleichst dem Geist den
du begreifst“.
Das Greifen und die Berührung lösen also eine Empfindung
aus, die dann in einem bestimmten Hirnbereich wahrgenommen,
gespeichert wird, und in einem anderen Hirnareal benannt wird,
so nennen wir das Wahrgenommene dann Gefühl. Also vom
Tasten, Berühren, Greifen, zum Berührtsein, zum
Begriff der Rührung, der sich dann formt, sprachlich
formt, kommunizier- und diskutierbar ist, geteilt und mitgeteilt
werden kann, oder auch nicht.
„haben ist trennung
teilen ist sein: ich bin durch
dich wie du durch mich“
so Gunter Falk in einem seiner Haikus zu den „3 Jahreszeiten“.
Also will Berührung auch geteilt sein, gemeinsames Spüren,
geteiltes, mitgeteiltes, und gemeinsame Sprache, vielleicht
Begriffe finden für all das Berühren und Berührtsein,
das Begreifen und Ergriffensein, das wir haben und brauchen
und wollen, im Alltagsleben, auf der Gleichenberg-Insel oder
in den Spielräumen der Therapie.
Also wie nennen wir das dann, was wir begriffen haben? Was
uns berührt hat? Was bedeutet eine neue Erfahrung mit
einer neuen Methode, eine Intervention, die sich in unserem
Körper speichert, die unseren Körper beseelt, belebt,
begeistert, die wir uns einverleiben?
Vielleicht Neugier? Vielleicht Lust?
Vielleicht Wut? Vielleicht Freude? Vielleicht Trauer? Oder?
Und dann?
In der Therapiesituation? Also in der Begleitung von Menschen,
PatientInnen, KlientInnen? Also, wenn wir ein Stück gehen,
gemeinsam, mit und ohne Sprache, vielleicht dann auch mit
Tanz? Oder mit Musik? Oder mit Körperinterventionen?
Oder mit Übungen aus den Kampfkünsten?
Und dann: das Gelernte, Erfahrene, Begriffene, Gespürte
weiterführen?
Also im Konsens oder im Dissens mit anderen vielleicht weitere
Begriffe finden für das, was uns berührt. Und gemeinsam
begreifen, ergreifen, angreifen, berühren. Und je nachdem,
aus welcher theoretischen Heimat und welcher therapeutischen
Sprache wir kommen, wird es Übergänge geben, zeitliche,
räumliche, in Sprachliches, und Nichtsprachliches …
neue Konzepte, neue Ideen …
Darum ungefähr wird es gehen.
Monika Glawischnig-Goschnik
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