LEIB ODER LEBEN
11. Internationales Seminar für
körperbezogene Psychotherapie und Körpertherapie

BAD GLEICHENBERG, 24. bis 29. April 2005

 

 

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Mut

Editorial

 

 

 

 

„Der eigene Leib ist in der Welt,
wie das Herz im Organismus“
M. Merleau-Ponty

 

 

 

 

 

„Man entkommt nicht dem Elend,
indem man den Mut verliert“
Aus dem Tibetischen

 

EDITORIAL

Nach den vorangegangenen Leitthemen „Schwerkraft und Leichtsinn“ (2003) und „Spuren der Liebe“ (2004) haben wir „Mut“ für dieses Seminar ausgewählt. „Mut“ geht sprachgeschichtlich auf die Beschreibung des menschlichen Inneren, als Sitz des Fühlens, Denkens, Begehrens und Strebens zurück. Dieses Innere wird sowohl von äußeren Wahrnehmungen und eigenen Empfindungen bewegt. Als körperlichen „Ort“ des Mutes sahen traditionelle Heilkulturen den Brustraum an - die Gegend, in der sich das Herz befindet. „Mut“, als Gefühl, hebt oder senkt dieses „Herz“. Es trägt dazu bei, sein Herz zu finden oder zu verlieren. Frischer, freier und guter Mut steht schwerem, kleinem und schwindendem Mut gegenüber. Neuer Mut wird als Auftrieb, Beherztheit, Tapferkeit, Unerschrockenheit, Entschlossenheit und Kühnheit im „Herzen“ gespürt, gefühlt, geschöpft und gefasst.
Das „Löwenherz“ ist stark, fest, entschlossen, großmütig. Das „beseelte“ Herz verkörpert Demut und Vertrauen im höheren Sinn. Diese beiden „Herzen“ sind im ständigen Austausch mit dem anatomischen Herzorgan, welches in uns pulsiert. Das Wort „Gemütsleiden“ erinnert daran, dass seelische Leiden auch „Mut-leiden“ sind. In der Wissenschaftssprache sprechen wir moderner von „mood disorders“ (old english: mod „heart, frame of mind, spirit, courage“). Verkümmert, verzweifelt, zaudert oder versagt der „Mut des Herzens“ – dann stellen sich Kleinmut, Unmut, Wankelmut, Wehmut, Schwermut oder gar Mutlosigkeit ein. Wenn der „Mut des Herzens“ zu sehr anschwillt, dann drohen Hochmut, Missmut, Übermut, oder gar Todesmut. Manche Stationen des menschlichen Lebens erfordern einen Mut, der heldenhafte Züge annehmen kann.
„Courage“ leitet sich vom lat. „cor“, das Herz, ab. Sie hilft von ganzem Herzen zu sein und zu handeln, sich ein Herz zu fassen, um Leiden und Veränderungen besser zu meistern. Courage bildet Selbstvertrauen,Entschlossenheit und schafft neue Energie.

Sie bildet den Mut um zuzuhören, eigene Beobachtungen und Widersprüche zu artikulieren, aber auch zu schweigen oder sich zurückzuziehen. Zivilcourage mobilisiert, wenn notwendig, auch öffentlichen Widerspruch und Widerstand. Sie ist wesentlich für die Entwicklung von medizinischen und therapeutischen Möglichkeiten.
Was mutet uns das Leben zu? Welche Zusammenhänge von Gesundheit, Krankheit und Heilung vermuten wir? Wie können wir bei seelischen oder körperlichen Verletzungen unseren Lebenswillen verteidigen? Wie können Menschen ausreichendes Selbstvertrauen und Tapferkeit sammeln, um sich Operationen und belastenden Behandlungen erfolgreich zu unterziehen? Wie viel Courage braucht ein Mensch, um ein fremdes Organ in seinen Leib zu integrieren? Wie finden kranke Menschen neuen Mut, um Krisen und schwere Krankheiten zu meistern? Welchen Mut braucht würdevolles Sterben?
Wie können solche Fragen bewusst ins tägliche Leben, in die Aus- und Weiterbildung von Heilberufen, in die ärztliche, therapeutische und pädagogische Praxis, sowie in die Gesundheitsförderung einbezogen werden? Welche wissenschaftlichen Untersuchungen und Forschungen helfen uns, die Bedeutung von Mut zu klären?
Wir wollen im Seminar beherzte, aufrechte, entschlossene, hoffnungsvolle, tapfere, kämpferische, unerschrockene, anmutige, freche und kluge Seiten des Muts praktisch erkunden. Andere Qualitäten des Muts, wie die heldenhaften, kühnen, martialischen, streitsüchtigen, tollkühnen, tolldreisten, verwegenen, waghalsigen oder mutwilligen Seiten, sollen nicht verschwiegen werden. Erst die flexible Handhabung aller Qualitäten lehrt uns auch den Wert des Muts zur Angst, zum Falschmachen und zu möglichen Fehlern.
Was sind authentische Gesten und Gefühle? Verändern aufrechter Gang, beherzte Bewegungen und behutsame Berührungen unser Selbstvertrauen? Wie kann dies auch im therapeutischen Geschehen möglich werden? Was tragen Atemschulung, Kontemplationund Humor zu neuer Entschlusskraft und Lebensenergie bei? Können wir von der „Furchtlosigkeit“ der Selbstverteidigungskünste mehr selbstverständlichen Mut lernen?
Das Seminar „Leib oder Leben“ hat sich seit über 10 Jahren als ermutigendes, erfrischendes und stärkendes Forum für solche Fragenbewährt.

Prof. Dr. Helmut Milz


   

 

 

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